In der italienischen Sprache gibt es das Eis (ghiaccio) und das Speiseeis, das Gelato, das wir alle kennen. Gelato ein weiches Wort für eine weiche Speise im Gegensatz zur Härte des Eises... .
ghiaccio und gelato

Gelato, das hieß für mich Sommer, Wärme, blau, hell und die Aufregung, in Italien an den Strand zu fahren und nicht spätestens um acht Uhr ins Bett gehen zu müssen. Ja, es hieß ITALIA, Sonne, blaues Meer, Musik, Krach, viele Kinder....Freiheit!
Eismann in Holland

Jedes Jahr im Frühling kamen die italienischen Eismacher wieder und öffneten ihre Eisdielen, da wo im Winter ein Teppichladen oder irgendetwas anderes Langweiliges war. Sie kamen wie die Sommervögel und kündigten eine bessere Zeit an.
Und das Tollste war, dass man in der Eisdiele schon mit einem Teil vom Taschengeld - immerhin bekam ich damals 5 Mark pro Woche - auch öfter als einmal ein kleines Hörnchen essen konnte, Erdbeere, Schokolade, Nuss, Vanille....2 Kugeln, das konnte man sich leisten.
Und dann war da die Vorfreude auf die Fahrt runter ans Meer wo man sich selbst das Eis auf italienisch holen konnte:"Un gelato per favore da 100 Lire, fragola e limone...".
"Un gelato per favore da 100 lire..."

Was hatte also das geliebte Gelato mit dem ewigen Eis in den Dolomiten zu tun, wo es doch kalt und ungemütlich ist? Darüber habe ich erst nachgedacht, nachdem ich meine Freunde im Cadore Tal kennengelernt habe und langsam verstand, warum meine so geliebten Eisdielen fast alle den Namen Venedig oder Venezia, Belluno, Dolomiti hatten.
Aber wie kommt man in den Dolomiten auf die Idee, Eis zu machen und ganz Europa damit zu erobern? Warum gerade hier? Wirklich eine ausgesprochen interessante Unternehmergeschichte...
Für mich wurde diese Geschichte eine Art fixe Idee. Schon immer beschäftige ich mich mit Unternehmensberatung in besonders schwierigen Gegenden und die Dolomitenlandschaft gehört sicherlich dazu. Wie kann man in den Bergen eigentlich leben? Wie viel mehr Fantasie braucht man, um sich das tägliche Geld zu verdienen?
Im Cadore habe ich gelernt, dass sich die Eismacher entwickelten, als die Holz-und Nagelindustrie zu Ende war...Aber wie kommt man da auf Eis?
Paola Brolati und Charly Gamba erzählen die Geschichte der Eimacher

Auf meinen zahlreichen Entdeckungsfahrten auch im Internet habe ich endlich UNITEIS gefunden, viele Informationen und auch die Geschichte der mutigen und fantasievollen Kleinunternehmer. Dort kann man nachlesen, dass
die Geschichte des Speiseeises in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Italien beginnt, genauer in den Dolomiten. Die Händler von gekochten Birnen und Maronen im dortigen Cadore-Tal fanden keine Arbeit mehr und verließen die Region. Wahrscheinlich blieb einer von ihnen jedoch über den Sommer in der Ebene, um das Handwerk des Eiskonditors zu erlernen. Wie die alten Leute vor Ort erzählten, erlernten die Pioniere ihre Fertigkeiten bei einem Sizilianer, dessen Name jedoch nicht überliefert ist. Mit ihren neuen Kenntnissen versehen, wanderten die ersten Wagemutigen nach Österreich-Ungarn aus. Später folgten dorthin auch andere Venezier und erlernten das Gelatiere-Handwerk.

1865 erhielt Tomea Antonio BARETA von den Wiener Behörden die Genehmigung, einen Eiswagen an einem festen Punkt im Wiener Prater aufzustellen. 1874 wechselte er nach Leipzig, wo er 1890 bereits 24 Eiswagen überall in der Stadt besaß. Sein Sohn Bortolo war zu dieser Zeit nach Budapest gegangen, wo er Anfang des Jahrhunderts 12 Eisdielen und 60 Eiswagen besaß. Die Geschichte der beiden blieb kein Einzelfall.

Der Übergang vom Eiswagen zur Eisdiele verdankt sich im übrigen der protektionistischen Politik der Österreicher: um ihre eigenen Süßwarenhändler zu schützen, verweigerten sie den Cadore-Italienern den Gewerbeschein für ambulanten Handel. Die Gelatieri waren so gezwungen, Geschäftslokale anzumieten, die sie mit Bänken und Petroleumlampen ausstatteten: die Eisdiele war geboren.

Von Wien als Ausgangspunkt schwärmten die Eismacher nach 1880 über Zentral- und Mitteleuropa aus. Sie folgten den neu angelegten Eisenbahnlinien und siedelten sich an. Darmstadt, Hannover, Köln, Brunn, Belgrad oder Sarajevo sind einige der Städte, in deren Archiven sich italienische Eisverkäufer finden. Einige scheuten auch den langen Weg bis in das damalige Ostpreußen nicht. Sogar bis Stockholm ging die Reise, wo die Existenz des Eissalons Ciprian überliefert ist. Die Idee war klug. Denn heute weiß man: je kälter das Klima, desto höher ist der Eisverzehr. Nachweislich ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Skandinavien am größten.

Der erste Weltkrieg brachte viele der Gelatieri um ihr Vermögen, doch sie gaben nicht auf. 1925 begann in ganz Europa der massive Wiederaufbau ihrer Eisdielen. In dieser Zeit entstand in Wien der erste Verband der italienischen Speiseeishersteller mit dem Ziel, ihre Interessen und Produkte zu schützen. In Polen lag die Blütezeit des italienischen Eisgewerbes in den Dreißiger Jahren. Damals muß es Hunderte von Eissalons gegeben haben. Dasselbe gilt neben Leipzig auch für Dresden und weitere Städte in Bayern. Zwischen den Weltkriegen wurde auch das Ruhrgebiet für die Italiener populär. Der zweite Weltkrieg bedeutete einen weiteren Rückschlag, doch heute ist besonders die Gegend um Ruhr und Rhein dicht mit Eismachern besiedelt.

Schon früh entdeckten die Eisverkäufer das Geheimnis der Kühlung. Lange vor der Zeit elektrischer Kühlsysteme wurde das Eis in speziellen Trögen zubereitet, mit Stangeneis und Salz gekühlt und in Holzfässer umgefüllt, in denen es sich, von Säcken umhüllt und isoliert, bis zum Abend in fester Form hielt. Erst in den 60er Jahren wurde diese Salzlaugentechnik von immer großzügigeren Ladentheken abgelöst. Laborgeräte und Pasteurisierer, Kessel und Reifungsbottiche helfen heute mit modernster Technologie, den Arbeitsaufwand der Gelatieri zu verringern.
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Paola Brolati und Charly Gamba bringen das Eis auf die Bühne

Naja, also wurde das Eis benutzt, um Eis herzustellen. Jetzt ist es klar!
Bei meiner weiteren Recherche fand auch viele Artikel und Berichte in der deutschen Presse, voller Bewunderung und Respekt für diese eingewanderten innovativen Handwerker und Geschäftsleute:

Und auch ich, seitdem ich diese Geschichte entdeckt habe, bewundere die Menschen hier in den Dolomiten noch mehr.

Es ist unglaublich, wie wichtig ihre kleinen wirtschaftlichen Aktivitäten für meine Jugend waren. Das Eis war nicht nur lecker und die Eisdielen waren nicht nur einfache, helle und beliebte Treffpunkte, wo sich Jugendliche aufhalten und willkommen fühlen konnten. Das Gelato war und ist heute noch ein Kulturvektor. Es hat langsam aber beständig unsere tiefe Liebe, Begeisterung und Bewunderung für Italien und die Italiener genährt.
Als ich zum ersten Mal einer deutschen Reiseveranstalterin eine Reise ins Cadore vorschlug meinte sie „Niemand kenne das Cadore, es wird schwierig werden, die Reise zu verkaufen“.
Es ist nicht leicht, das stimmt, aber vielleicht könnte es leicht sein, wenn man die Geschichten, die Erfahrungen und das Wissen von den deutschen Leidenschaften für das Eis und die Eismacher in das Destinationsmanagement der Reiseveranstalter einbeziehen würde: Überall gibt es Menschen, die noch heute die Eisdielen lieben und vielleicht gerne einmal die Heimat dieser genialen Handwerker besuchen würden, um direkt von ihnen ihre Geschichten zu erfahren.
Es könnte so einfach und direkt sein, Welten zu verbinden, wenn man nur von den Erfahrungen und Erzählungen der Menschen ausgehen würde, die weit gereist sind, um sich woanders eine Existenz aufzubauen!
Auf der Schnellstraße 51 di Alemagna von Valle di Cadore nach Belluno kommt man gleich nach einem Tunnel an der kleinen Gemeinde Ospitale di Cadore vorbei. Bei einem flüchtigen Blick auf das Ausfahrtsschild Ospitale habe ich zuerst vermutet, dass hier eben das Krankenhaus der Region zu finden sei. Wie es der Zufall will, hat mich die Gemeinde von Ospitale diesen Sommer eingeladen, mit ein paar Jugendlichen einen Filmworkshop zu veranstalten und so habe ich spannende Geschichten über den Ort und seine 350 Bewohner und Bewohnerinnen erfahren.

Im ehemaligen Rathaus, in der heute die Dorfbibliothek untergebracht ist, erwarten mich etwa dreizehn Jugendliche zwischen dreizehn und dreiundzwanzig Jahren. Sie möchten mehr über das Filmemachen erfahren und wir gehen alle Einstellungsmöglichkeiten und Perspektiven durch, bevor wir uns dem eigentlichen Geschichtenerzählen zuwenden.
Froschperspektive grüßt Vogelperspektive
Schnell wird den den Jugendlichen klar, an wie vielen Stellschrauben sie drehen können, um ihre Geschichten zu erzählen und es nicht nur darum geht, mit dem Smartphone einige zufällige Aufnahmen zu machen. Vor dem Filmemachen geht es in erster Linie darum, die Sprache des Films und ihre Grammatik zu verstehen.
Die technische und die "poetische" Seite der Filmsprache

Mit dem ersten Handwerkszeug ausgestattet, geht es weiter zum eigentlichen Geschichtenerzählen. Was ist eine Geschichte? Gibt es Geschichten in einem Dorf, das zwar an einer Schnellstraße liegt, aber sonst eher abgeschnitten von der Welt gelegen ist? Was ist der Kern der Geschichte? Warum möchte ich sie erzählen und was erzählt die Geschichte über mich? Wenn man heute nach Ospitale kommt, sieht man wie in so vielen Dörfern kaum Menschen auf der Straße. Besonders für Jugendliche ist es schwer, sich mit so einem Ort zu identifizieren. Es scheint, als ob die wenigen Bewohner ihr Leben nicht miteinander, sondern nebeneinander verbringen.
Wer bewohnt diese malerische Landschaft?

Iolanda Da Deppo, die im Cadore viele Projekte zum Thema Gemeinschaftsentwicklung iniziert hat, möchte mit diesem Projekt den Blick der Jugendlichen wieder auf ihre aktuelle Lebenswelt lenken, sich in den Dialog mit ihren Mitbewohnern zu begeben, zu erzählen, welche Orte für sie wichtig sind. Letztes Jahr haben die Jugendlichen in einem Audioprojekt ein Inventar über die Geräusche erstellt, die in ihrer Lebenswelt vorkommen. Es ging darum herauszufinden, was es bedeutet, mit diesen Geräuschen Tag ein Tag aus zu leben. So gibt es das Plätschern und Rauschen des Piaves, der entlang des Dorfes fließt, die Schnellstraße oder die Eisenbahn. Aber auch das ständige Summen einer Fabrik, in der Biomasse in Strom umgewandelt wird.
Zwischen Summen und Rauschen

Mit diesem Filmprojekt sollen aber vor allem die Geschichten der Bewohner des Ortes gesammelt werden, um sie später für weitere Auseinandersetzungen zum Thema Gemeinwesenentwicklung in einem Museum sichtbar zu machen.
Ospitale - eine Gemeinde und ihre Begegnungen

Früher war Ospitale ein Ort der Gastlichkeit, weil dort die Flöße anhielten, die den Piave runter bis Venedig fuhren. Der Name Ospitale kommt also nicht von ungefähr. Ständig kamen neue Reisende an, um dort eine Nacht auf ihrer anstrengenden Reise zu verbringen. Auf dem Computer des Vizebürgermeisters haben wir während unseres Projektes alte Filmaufnahmen aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gefunden. Der zweite Weltkrieg war kaum vorbei und das Dorf war voller Menschen. Es ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr, dass sich junge Menschen mit diesen Geschichten auseinandersetzen oder einfach nur ins Gespräch mit den damaligen Zeitzeugen kommen.
Begegnungen

Nach zweit Tagen ist der Workshop vorbei, ich bin jetzt schon gespannt, was die Jugendlichen daraus machen werden. Welche Geschichten sie uns über sich und ihr Dorf erzählen werden. Ich wünschen ihnen auf jeden Fall viel Erfolg und dass das Projekt Schule machen wird, um gegen das Verschwinden der Bewohner einer medial globalisierten Welt vorzugehen.

Eigentlich ist es nicht mein Beruf, aber aus Liebe (zum Cadore und meinen Kollegen) tut man viel Ungewöhnliches. Nachdem die Zusammenarbeit mit Sento Wanderreisen begonnen hatte,  entschloss ich mich zu einer Ausbildung als Reiseleiterin bei Travel&Personality, denn ich wollte professioneller werden. Ich wusste man kann den Menschen durch eine Reise die Kultur einer Gemeinschaft näher bringen, denn oft habe ich Studiengruppen zu italienischen sozialen Unternehmern begleitet und Reisen ins Ausland organisiert. Aber die Kunden von Sonja kannte ich nicht!
Die Reise haben wir gemeinsam und mit viel Hilfe von Luca, Claudio, der sozialen Cooperative Cadore und Paola Brolati und Charly Gamba erarbeitet. Und es ist wirklich eine ganz besondere Reise.
Ankunft am Bahnhof von Fortezza und im Hotel Dolomiè in Pieve di Cadore

Wir holen unsere Gäste gerne am Bahnhof von Fortezza/Franzenfeste ab, dass man von München mit dem Zug in drei Stunden erreichen kann. Die Fahrt im Auto oder Kleinbus von Fortezza nach Pieve di Cadore führt durch das Pustertal, über Toblach und Cortina d'Ampezzo durch eine wunderschöne Dolomitenlandschaft. Wir fahren zweieinhalb Stunden zu unserem Hotel Dolomiè, wo uns gemütliche Zimmer, nette Menschen und ein gutes Abendessen erwarten. Man lernt sich kennen und spricht über das Cadore und das, was uns in den nächsten Tagen erwartet.
Der See vom Zentral Cadore und die Funde in Lagole

Am Sonntag machen wir unsere erste Kulturwanderung, über Pieve und Lagole - ein Ort der Schwefelquellen, die schon zu römischen Zeiten als Heilbäder benutzt wurden - durch einen schönen Wald runter an den See vom Zentral Cadore und über Calalzo di Cadore wieder nach Pieve wo wir das sonntägliche Stadtleben genießen und uns einige der interessanten Museen anschauen können. Luca begleitet uns und erzählt uns viel über das Leben hier, die Geschichten über die Longane und die Besonderheit der sogenannten Regole, eine Art Gemeinschaftsgenossenschaft, die vor mehr als tausend Jahren  entstanden, um das Gemeinwesen und die Ländereien zu regeln und die heute noch ein wichtiger Bestandteil der Verwaltung im Cadore sind.

Pieve di Cadore die Hauptstadt und der Geburtsort von Tizian

Pieve ist die Hauptstadt, von hier fahren viele Busse ab, man trifft sich in den Bars und Restaurants. Luca kennt und grüßt fast jede Person, die vorbei kommt. Mit ihm fühlt man sich hier wirklich zu Hause und so soll es auch sein -  temporäre Bürger. Meistens setzen wir uns mit unseren Gästen ins Cafè und tauschen unsere Eindrücke aus. Luca antwortet auf die Fragen, die jetzt das langsam wachsende Interesse bezeugen. Es ist später Nachmittag und wir gönnen uns einen Spritz, das trinkt man gerade überall in Italien. Nach Hause ins Dolomiè zurückzukommen ist einfach und abends entdecken wir ein neues Restaurant und lernen weitere Jungunternehmer kennen.

Ausflug zu den Drei Zinnen

Sonja sagt, die Drei Zinnen wären ein absolutes must und das stimmt sicherlich, denn meine Gäste freuen sich von Anfang an drauf. Aber für mich ist der Tag an dem wir dort hinfahren schon seit Tagen jedes mal eine Herausforderung: Wie wird das Wetter dort oben sein? Wird man sie sehen oder werden sie in dichten Nebel eingehüllt sein? Oft fährt man unten durch den Nebel und oben strahlt die Sonne. Aber bei der letzten Reise als wir auf der Hütte ankamen sah man seine Hand nicht vor den Augen. Was sollte ich tun? Nach einer Beratung mit der Gruppe sind wir dann doch auf dem leichten, breiten Weg los gestiefelt und wurden belohnt, wenngleich auch nur für einige Sekunden, die dadurch zu einem wahren Schatz werden.

Drei Zinnen mit Nebel

Was macht man dann an so einem etwas verregneten Tag? Im Cadore habe ich Menschen um mich herum, die uns in solchen Situationen spontan mit Ideen und Möglichkeiten unterstützen. Luca und das La Tappa Team sind (fast) immer für uns da und auch das macht diese Reise besonders. Am Nachmittag des Drei Zinnen Tages haben wir also in der La Tappa einen Kochkurs mit Pierangelo organisiert. Es war ein schöner und interessanter Nachmittag. Was die Reisenden liebten, war der Frico, ein traditionelles Rezept hier aus den Dolomiten, sehr einfach und sehr gut für kalte, ungemütliche Tage vor allen Dingen mit einem Glas Prosecco genossen, der uns von Pierangelo angeboten wurde.
Pierangelo, der Koch bei der La Tappa und der Frico

Abends waren wir dann bei Federica und Michele in der La Pause . Aber die kennt ihr ja schon, weil Stefan von der Erfolgsgeschichte in der Pause berichtet hat.
Wander-und Fahrradweg bis zu der Tappa. Beeindruckend der dortige Ausblick.

Am nächsten Tag hatte das Wetter sich etwas beruhigt und so konnten wir unsere Wanderung nach Damos und Perarolo antreten. Wir laufen von Pieve über den Fahrradweg bis nach Valle di Cadore, wo wir in unserer La Tappa erst einmal einen stärkenden Kaffee trinken. Dann geht es ab vom Fahrradweg, runter über die alte römische Straße, durch das wunderschöne Dorf von Valle, an der Kirche vorbei, die man von überall sieht, an den Wiesen, über die Brücke und durch den Wald nach Damos.
Auf dem Weg von Valle di Cadore nach Damos und Perarolo

Früher war es eine wichtige, direkte Verbindungsstrecke zwischen Perarolo und Valle die Cadore. Früher das heißt schon zu Zeiten der alten Römer. Aber dieser Weg war auch sehr wichtig für die Arbeit der Partisanen: Mit dem Fahrrad kam man gut von Belluno nach Perarolo und von dort trug man das Fahrrad dann diesen Weg hinauf. Giovanna Zangrandi erzählt in ihrem beeindruckenden Buch "I giorni Veri" von ihrem Einsatz als Botin.
Die kleine Kirche in Damos und der Weg dorthin

Als wir in Damos ankommen regnet es stark und Luca ist wie immer dort, wenn man ihn braucht. Er erspart uns den Weg bis runter nach Perarolo und fährt uns mit dem Kleinbus bis vor die Tür von Luiginos Bar Il Covo dei Zater, wo ein einfaches aber stärkendes Mal auf uns wartet. "Wie früher", sagt er, "Pellkartoffeln mit Butter, Käse".Naja, für uns gab es dann auch noch Speck, Schinken und Wein dazu. Er zeigte uns dabei einen Film über die Flößer und den Fluss Piave, der ja die wichtigste Verbindung zu Venedig war. Denn von hier wurden die Baumstämme nach Venedig geschickt. Wie das vor sich ging, wird in dem beeindruckenden Film gezeigt und Luigino weiß dazu viele Insider Geschichten zu erzählen, wenn man ihm zu hört. Und dazu bin ich ja da, ich übersetze gerne seine Geschichten. Nach dem stärkenden Mahl sehen wir uns den Palazzo Lazzeri und das Museum über die Flößerei an und entdecken dort, warum unsere Freunde aus dem Cadore nach dem Holzhandel mit dem Eismachen angefangen haben: Mit dem Bau der Eisenbahn waren Fluss und Flößer plötzlich überflüssig. Man musste sich also etwas Neues überlegen…

Eis, gutes Essen, Menschen Treffen und Theater mit Paola Brolati und Charly Gamba

Mehr davon erfahren wir dann am Abend, denn in der La Tappe wird uns nicht nur ein gutes Abendessen serviert, sondern wir treffen endlich Paola und Charly und viele andere Menschen aus dem Cadore, die die Geschichte der Eismacher direkt mitgestaltet haben. Paola und Charly spielen Theater und erzählen Geschichten, hier im Cadore, im Zoldotal, in Venedig. Geschichten von heute und von gestern, von Helden und einfachen Menschen und sie erzählen ihre Geschichten auf den Dorfplätzen, im Wald, auf den Brücken von Venedig, immer ist es irgendwie anders. Durch Paola und Charly habe ich die Geschichte von Marco und Mattio kennengelernt, die Sebastiano Vasall so meisterhaft erzählt. Ein Buch, dass ich nur jedem Reisenden empfehlen kann !
Paola Brolati und Charly Gamba

Der Abend in der La Tappa ist so die offizielle Begegnung der Sento Wanderreisen Gesellschaft mit der Cadorinischen Gemeinschaft. Man kennt uns schon und trifft uns zum Abendessen, um uns willkommen zu heissen. Die Beziehung zwischen den Deutschen und den Menschen aus dem Cadore ist ja bereits seit langem vorhanden: Es gibt eine Beziehung, denn für uns in Deutschland haben die Eismacher aus dem Cadore und dem Zoldotal schon immer den Frühling gebracht und damit etwas mehr Freiheit zu träumen von leckerem Eis und Italien. Naja, so war es jedenfalls bei mir und wenn ich den Menschen hier im Cadore davon erzähle, dann fragen sie mich, welche Eisdiele es war und wo…es ist einfach eine Verbindung da!
Fornesighe
Am nächsten Tag, unserem letzten Tag hier in den Dolomiten, fährt uns Luca über den Rite Pass (auf dem Monte Rite hat Reinhold Messner eins seiner Museen eingerichtet) nach Fornesighe, ein wunderschöner Ort, der schon im Zoldotal liegt. Von hier hat man einen herrlichen Blick auf den Civetta Berg (3220 m). Der Ort (auch von hier kommen natürlich zahlreiche Eismacher) hat seine ursprünglichen Häuser behalten. Auf einem kleinen Rundgang treffen wir viele ältere Menschen, die deutsch sprechen und uns gerne etwas erklären.
Cibiana
Und dann geht's weiter wieder zurück in das Cadore, nach Cibiana, der Ort der Murales. Wir schlendern durch die Gassen und sehen uns die Malereien an. Sie erzählen von der Geschichte der einzelnen Häuser und den Handwerken ihrer Bewohner. Wir kehren in einer kleinen Bar ein und kaufen uns auch was zum Mittagessen, denn am Nachmittag wandern wir über den alten Verbindungsweg, an den Eisenminen vorbei durch den Wald und entlang dem See von Vallesina nach Valle di Cadore.
Von Cibiana nach Vallesina
Den Abend verbringen wir in unserem Hotel Dolomiè. Ich glaube, meine Gäste haben sich hier wohlgefühlt, denn Giovanni der Hausherr und Paola, die ein sehr gutes Deutsch spricht, haben sich wirklich um jeden Wunsch gekümmert. Die großzügige Empfangshalle, die von anderen Zeiten erzählt und das Restaurant machen uns das Wohlfühlen leicht, auch wenn das Wetter mal nicht mitspielen möchte.

Das Hotel Dolomié
Morgen früh geht's los, nach Venedig, dem Fluss Piave und unseren Geschichten entlang. Wir werden mit dem Bus und dann mit dem Schiff fahren, auf den Spuren von Flößern und Handwerkern, die aus dem Cadore zur Pracht von Venedig einiges beigetragen haben. Die Fahrt mit dem Vaporetto von der Anlagestelle am Flughafen ist wunderschön: Vorbei an Murano, um das Arsenal herum, ein Stopp im Lido und dann San Marco bis wir ganz in der Nähe von unserem Hotel an der Haltestelle  Le Zattere aussteigen und gemütlich die 100 Meter zur Pensione Seguso  schlendern. Auch unser Hotel in Venedig hat eine lange Geschichte. Man ist mitten drin in dieser wunderbar seltsamen und kostbaren Stadt und versteht sehr gut, warum die Menschen hier gegen die Riesenkreuzfahrtschiffe protestieren, die täglich durch den Canale della Giudecca fahren wollen.
Ankunft in Venedig und Pensione Seguso

Uns erwartet ein Stadtrundgang mit Fabio. Er ist Designer und Illustrator und kennt hier viele Kunsthandwerker, die uns ihre Werkstätten gerne öffnen und ihre Arbeit, Erfolge und auch ihre Schwierigkeiten erklären. Fabio lebt in Venedig und kommt aus dem Zoldotal. So wie damals Mattio, der Held des Buches von Vassalli. Durch Fabio sehen wir ein ganz anderes Venedig, abseits des furchtbaren Touristenrummels. Nach einer Pause zum Aperitif geht's dann zum Abendessen: Fisch natürlich!
Die Ruder werden mit der Hand aus wertvollem Holz hergestellt…naja und Fisch gibt's dann!

Am nächsten Tag finden wir dann Paola und Charly wieder! Wir sitzen auf Ruderbooten und werden durch ruhige Kanäle von den jungen Mitgliedern eines Vereins gefahren, der versucht auch so gegen die immer höhere Anzahl an Motorbooten zu kämpfen, die Venedigs Fundamente zerstören. Und plötzlich tauchen sie irgendwo auf und vor unglaublichen Kulissen erzählen sie uns Geschichten von den Handwerkern und Tagelöhnern aus dem Cadore, die in Werften Gondeln und Ruderboote bauten oder Steine und Holz über den Piave nach Venedig brachten.
Geschichten in Venedig

Auch hier lernen wir viel und sind bezaubert: Vom Boot aus bietet sich uns eine ganz eigene Perspektive auf die Stadt.
Paola, Charly und Fabio und ihre Freunde, setzten sich dafür ein, dass Venedig weiterleben kann und dass die Menschen, die hier geboren sind auch hier leben können. Dazu gehört auch das Rudern per Hand, denn die Motorboote erzeugen Wellen, die an den Fundamenten der Stadt nagen und letztlich im wahrsten Sinne des Wortes ihren Untergang einleiten. Unsere Venezianischen Freunde schaffen es, uns diese Problematik ganz nahe zu bringen .

Besondere Menschen in Venedig

Mein kleiner Reisebericht sagt nur wenig aber ich will ja auch nicht alles vorweg nehmen. Ich bedaure es nicht, diesen neuen Beruf noch zu meinen zahlreichen anderen Tätigkeiten hinzugefügt zu haben. Es macht mir Freude für Sento Wanderreisen diese besondere Reise zu begleiten.
Gemeinsam schafft man unerwartete Werke und Werte

Aber ohne meine Kollegen aus dem Cadore, ohne die Menschen dort, ohne die Genossenschaft Cadore, ihre Freunde und die Großzügigkeit aller Beteiligten wäre es nicht möglich, eine solche besondere Reise zu entwickeln und zu leiten. Hiermit danke ich allen, auch denen, die ich nicht erwähnt habe.
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